Biografie, USA, Kanada, Brasilien, 2018
Regie: Guy Nattiv
Musik: Dan Romer
Kamera: Arnaud PotierTrue

Bryon (Jamie Bell) ist der Lieblingssohn der Kragers (Vera Farmiga und Bill Camp), die junge Streuner aufnehmen und sie zu Neonazis formen. Ma Shareen rasiert ihnen den Schädel, kleidet sie neu ein und umsorgt sie, Pa Fred haut ihnen eine rein, wenn die Jungs nicht spuren. Das geschieht höchstens bei Machtkämpfen untereinander, denn gegen aussen ist ihre Untergruppe der rechtsradikalen Hammerskins geeint: Als Vinlander Social Club prügeln sie auf alle ein, die anders denken oder anders sind. Der sogar im Gesicht mit den Runen des Hasses tätowierte Bryon entdeckt freilich eine liebevolle und beschützende Seite an sich, als er bei einem Skinhead-Treffen drei kleine Mädchen und ihre Mama Julie (Danielle Macdonald) kennenlernt. Die Hochzeit ist schnell organisiert - weit schwieriger ist die Abkehr von der Szene, obwohl ein schwarzer Aktivist (Mike Colter) gar ein Resozialisierungsprogramm anbietet. Doch die Krallen von Ma und Pa Krager stecken tief in Bryon, den sie mit subtiler Abhängigkeit und handfester Gewalt am Verrat an der Sache zu hindern trachten. Es sind weder die testosteronschwangeren und ruhmestrunkenen Rituale noch die Schlägereien der Neonazis, die Guy Nattiv hauptsächlich interessieren. Vielmehr legt der israelische Filmemacher die perfiden Mechanismen der Abhängigkeit frei, mit denen die hauptsächlich verblendeten jungen Männer an ihre Gruppe gebunden werden, was sein Aussteigerdrama weit interessanter und auch spannender macht als die vergleichbaren Filme American History X und Romper Stomper. Es ist auch dem talentierten Jamie Bell zu verdanken, dass in seiner anfänglich hasserfüllten Figur humane Regungen anfänglich nur zu erahnen sind und dann unumkehrbar Raum gewinnen. Auch das Bieler Tagblatt war von der Wandlung des einstigen Billy Elliot-Wunderkindes begeistert: Jamie Bell ist in der Hauptrolle eine Wucht, der Film ein intensives Drama, das noch lange nachhallt. Nachdem er am Filmfestival von Toronto für Skin eine Auszeichnung entgegennehmen durfte, ist es um Guy Nattiv still geworden. Einzig einen halbstündigen Dokumentarfilm, wenn auch einen über zehn Jahre gedrehten, hat der israelische Filmemacher mittlerweile gedreht, Life, Unexpected.