Nahost. Grenzen der Berichterstattung
Gesellschaftsmagazin, Österreich 2025True
Seit mehr als 35 Jahren berichte ich aus Kriegs- und Krisengebieten, sagt Karim El-Gawhary, ORF-Korrespondent im arabischen Raum, aber ich war noch nie aus einem Krieg ausgesperrt. Der Umstand, dass unabhängigen JournalistInnen der Zugang zum Gazastreifen verwehrt wird, macht diesen Krieg auf tragische Weise einzigartig. Die Weltöffentlichkeit ist auf lokale Kameramänner und ReporterInnen angewiesen - auf Männer wie den 28-jährigen Abdel Khadr Hassouna, der seit eineinhalb Jahren mit Karim El-Gawhary zusammenarbeitet und für diese Arbeit tagtäglich sein Leben riskiert. Der Krieg ist abseits von Zerstörung und Tod am Boden ein Krieg der Bilder und eine Propaganda-Schlacht geworden. Das erlebt auch ORF-Israel-Korrespondent David Kriegleder. Tag für Tag stößt er an journalistische Grenzen. Als sogenannter embedded journalist konnte er die israelische Armee bei einer Presse-Tour nach Gaza begleiten. Doch nach nur zwei Kilometern und einer knappen Stunde endete die Reise: Die Eindrücke aus Gaza waren sehr bescheiden. Palästinenser haben wir keinen einzigen zu Gesicht bekommen, resümiert Kriegleder am Ende. Für WeltWeit spricht er auch mit israelischen Journalisten und Bewohnern des Grenzgebiets zu Gaza und bekommt so einen tieferen Einblick in den schwierigen Umgang mit Information und Propaganda in Israel selbst. An die Grenzen des Berichtens gelangt auch ORF-Korrespondent Nikolaus Wildner, als er für seine WeltWeit-Reportage ins von Israel besetzte Westjordanland fährt. Der Krieg in Gaza dominiert seit fast zwei Jahren die Medien, was die Berichterstattung über das Westjordanland in den Hintergrund gedrängt hat. Doch mehr denn je ist die Region ein Pulverfass. Wenn man den Checkpoint einmal passiert hat, ist man als Reporter unterschiedlichen Gefahren ausgesetzt, es hängt davon ab, ob man sich im arabischen Ramallah oder in den Gebieten der radikalen israelischen Siedler aufhält, sagt Wildner.