(The Hawks and the Sparrows)
Parabel, Italien 1966
Regie: Pier Paolo Pasolini
Musik: Ennio Morricone
Kamera: Mario Bernardo - Tonino Delli Colli
Ein Vater (Totó) und sein Sohn Ninetto (Ninetto Davoli) sind unterwegs in der italienischen Provinz. Wohin die beiden unbekümmerten Wanderer wollen, wissen sie selbst nicht so genau. Sie plaudern über Gott und die Welt, das neue Gebiss der Mutter und den üppigen Busen der Nachbarin. Ein sprechender Rabe aus einem Land, das Ideologie heißt, gesellt sich zu den beiden, um sie aus ihrer arglosen Naivität aufzustören und sie in Debatten über Religion und Marxismus zu verwickeln. Der gelehrte, allzu gelehrte Vogel ist ihnen nicht ganz geheuer, doch sie dulden ihn, denn seine Erzählungen vertreiben die Zeit. Eine seiner Geschichten versetzt Vater und Sohn als Ordensbrüder ins Jahr 1200. Im Auftrag des Heiligen Franz von Assisi ziehen die beiden als Mönche los, um die Sprache der Vögel zu erlernen, damit auch dieser Kreatur die Liebe Gottes gepredigt werden kann. Nach jahrelanger Anstrengung versteht der Vater tatsächlich die Sprache der Tiere. Doch kaum hat er die Vögel bekehrt, da stürzen sich die Falken auf die Spatzen, um sie zu fressen. Zurück in der Gegenwart, bestehen Vater und Sohn weitere Abenteuer, bei denen sie abwechselnd Ausbeuter und Ausgebeutete, Jäger und Gejagte sind. Dabei werden sie nicht nur müde, sondern auch hungrig. Da der Rabe den Schnabel nicht halten will, drehen sie dem Tier den Hals um, braten es und essen es auf. Große Vögel, kleine Vögel ist eine virtuos inszenierte filmische Parabel über einen Vater und seinen Sohn auf dem Weg des Lebens. Der episodisch erzählte Film ist eine ebenso komplexe wie poetische Reflexion über christliche und marxistische Grundwerte, die Pier Paolo Pasolini mit geschickt platzierten Zitaten von Mao, Marx und Papst Paul VI. listig gegeneinander ausspielt und auf ihre Alltagstauglichkeit überprüft. Mühelos und spielerisch übersetzt Pasolini abstrakte Themen in sinnlich konkrete, humorvolle Szenarien. So ist die Figur des sprechenden Vogels unter anderem ein Verweis auf den italienischen Kommunistenführer Togliatti, im Volksmund der Rabe genannt, auf dessen Begräbnis Pasolini mit dokumentarischen Bildern anspielt. Vom gesungenen Vorspann über die kargen, visuell beeindruckenden Landschaftsbilder bis hin zur unnachahmlichen Mimik des großen italienischen Komikers Totó zählt Grosse Vögel, kleine Vögel zu den Meisterwerken der Filmkunst.